Philosophie für jeden Tag - Losing my Religion

    Anlässlich der Osterfeiertage habe ich mir wieder einmal Gedanken zum 'Konzept Gott' gemacht. Ostern ist immerhin das wichtigste Fest der Christenheit, Jesus Christus ist für die Menschen gestorben, drei Tage später ist er auferstanden von den Toten und hat uns Christen damit das ewige Leben ermöglicht.

    Aber ist für das 'Konzept Gott' – ob nun christlich oder nicht – überhaupt noch Platz in der Gesellschaft? Hatte Nietzsche nicht Recht wenn er sagte „Gott ist tot – und wir haben ihn getötet“? Wie präsent ist Gott denn wirklich noch in unserem Leben?

    Also wenn ich einmal ehrlich bin – nicht sehr. Natürlich freue ich mich über drei freie Tage zu Ostern oder Weihnachten, genieße die Erholung und die Zeit mit der Familie, aber wirklich religiös gestalte ich diese Tage dann doch nicht. Man denkt vielleicht einmal über den Grund dieser freien Tage nach, aber für einen Kirchgang reicht es dann doch nicht.

    Woran liegt das? Ich habe eine Theorie, die sich auf Nietzsche stützt: Gott ist tot und wir haben ihn getötet. An die Stelle des 'christlichen Gottes' haben wir andere „Götter“ gesetzt: der Glaube an die Wissenschaft und Technik, Konsumstreben, 'Religion Körperwahn' oder 'Karrierestreben', Reichtum.

    Wir haben andere Dinge an die wir heute glauben. Wofür braucht es einen Gott da noch?

    Wir haben damals im Paradies vom Baum der Erkenntnis genascht und erkannt, dass wir Menschen vernunftbegabte Wesen sind. Diese Einsicht bedeutete vielleicht bereits den Anfang vom Ende des Glaubens. Wir wollen alles mit Vernunft erklären, auch unseren Glauben.

    Der aufgeklärte moderne Mensch ist sich bewusst, dass er für sein Schicksal selbst verantwortlich ist, sein Leben in der Hand hat – göttliche Vorherbestimmung? Fehlanzeige. Krankheiten lassen sich mit der Wissenschaft erklären, sie sind keine Prüfungen Gottes. An die Stelle der 10 Gebote sind andere Gesetze getreten. Das menschliche Miteinander regelt der Mensch nun selbst, mit Gesetzen und Moral. Die Schöpfung? Darwin hat uns plausibel die Entstehung der Welt durch Evolution erklärt. Der Glaube an einen Gott? Der lässt sich mit Vernunft nicht erklären – haben wir ihn deswegen verloren? Den Glauben an das Wunderbare, Zauberhafte, Unerklärliche?

    Ich fürchte, ich muss diese Frage mit „Ja“ beantworten – zumindest für mich. Ich bin rational, den Glauben an Wunder habe ich verloren – weil Wunder eben nicht begründbar sind. Aber ganz ohne Glauben geht es nicht – Glauben gibt Halt im Leben, uns einen Sinn – wir glauben deshalb an andere Dinge, Dinge die man erklären kann, menschen-gemachte, weniger wundersame Dinge. Wir glauben an den Menschen und seine 'Götzen'.

    Das Streben nach etwas 'Höherem' ist dem Menschen immanent – nur ist dieses 'Höhere' heute nicht mehr die Göttlichkeit, das ewige Leben sondern das Hier und Jetzt und seine Götzen.

    Lebe den Moment lautet das Konzept der Gegenwart, der Zeitgeist „carpe diem“.

    Mit dem Verlust des Glaubens an einen Gott und damit verbundene Ewigkeit, ist unser irdisches Dasein zeitlich begrenzt, also gilt es die Zeit effizient zu nutzen. Das Streben bleibt, wir brauchen etwas an das wir glauben können, denn ohne Glauben würde das Leben keinen Sinn machen. Wozu dann leben, ohne Glauben und ohne Hoffnung auf etwas "Besseres"? Ohne Glauben verzweifeln wir am Leben, wir brauchen also zeitgemäße Alternativen: Fortschritt, Wissenschaft, Technik, Erfolg, Reichtum, Macht, Besitztümer, Schönheit, Gesundheit.

    Doch mit all diesen 'menschlichen Gütern' und der verbissenen Konzentration auf effektive Gestaltung unseres Lebens, haben wir einen vergessen: Gott. Oder das Wunderbare, Unerklärliche, etwas 'Höheres' das über allem steht, ewig ist und beständig. All unser Streben ist auf vergängliche Dinge gerichtet – wir haben mit unserem Fokus auf die Gegenwart, den Blick für die Ewigkeit verloren.

    Was meint ihr? Diskutiert mit im Forum:

    http://hit-rock-bottom.xobor.de/t23f5-Losing-my-religion.html#msg55


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